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Aramäische Archive aus achämenidischer Zeit und ihre Funktion
Kottsieper, Ingo
2013
Abstract
An verschiedenen Orten insbesondere in Ägypten, aber auch in Palästina, wurden aramäische Dokumente gefunden, die aus der Zeit des achämenidischen Reiches stammen. Von diesen wurden einige ursprünglichen Archiven zugeordnet, wobei die Zuordnung häufig auf Grund inhaltlicher Argumente vorgenommen wurde und die Frage, in den Hintergrund trat, ob die jeweiligen so erschlossenen Archive auch auf Grund ihrer Fundumstände eine Einheit bildeten. Es liegt auf der Hand, dass eine inhaltliche Analyse solcher sekundär erschlossenen Archive letztlich nur das ergeben kann, was die modernen Forschung als ein Archiv konstituierend vorausgesetzt hat. Der vorliegende Beitrag, der sich der Frage widmet, welche Dokumente Bestandteil eines Archivs war und was dies für die Funktion solcher Archive bedeutet, berücksichtig jedoch nur solche Dokumente, deren Zugehörigkeit zu einem bestimmten Archiv sich auf Grund der Fundumstände mit hinreichender Sicherheit wahrscheinlich machen lässt. Den so erschlossenen Archiven aus Ägypten – das des Jedanja (traditionell der Mibtahja, TAD B2.2-4+6-11), des Anani und seiner Frau Jehoišma (TAD B3.2-13) und des Nahthor (TAD A6.3-16) – werden neben den Texten vom Wadi Daliye auch die Schriftrollen an die Seite gestellt, die Abschriften ursprünglich eigenständiger Dokumente enthalten und somit auch ein Art Archiv darstellen. Eine kritische Durchsicht der Dokumente ergibt ein erstaunlich eindeutiges Bild: In den Archiven werden nur Dokumente aufbewahrt, die für den Besitzer des Archivs von unmittelbarer Bedeutung sind. So enthalten die Archive der Privatpersonen grundsätzlich nur Dokumente, die für ihre Rechts- und Besitzansprüche bedeutsam sind, das Briefarchiv des Beamten Nahthor nur Briefe, die im Hinblick auf seinen Amt und seine Dienstgeschäfte Bedeutung haben. Auch die Texte vom Wadi Daliye, die möglicherweise einem institutionellem Archiv zuzuschreiben sind, betreffen im Wesentlichen nur den Problembereich des Besitzstandes an Unfreien und zuweilen an Immobilien. Das Ergebnis, dass die Archivtexte für den aktuellen Archivbesitzer von konkreter Bedeutung waren, spiegelt sich auch darin, dass die Texte eines Archivs nur aus einem überschaubaren Zeitraum von kaum mehr als 60 Jahren, in den meisten Fällen aber deutlich weniger, stammen. Dementsprechend wurden auch die Sammelrollen offenkundig nach einem relativ kurzen Zeitraum obsolet.
In different places in Egypt – but also in Palestine –, Aramaic documents have been found which were written during the time of the Achaemenid empire. Mainly based on observations concerning their content, several of these have been interpreted as parts of ancient archives. The question whether the various documents of a supposed archive were in fact found in the same spot has been mostly neglected. Of course, any analysis of an archive reconstructed in this way would in fact produce the very same picture which modern scholars already had in mind when they reconstructed the archive. Thus, to answer the question of what kind of documents were stored in an archive and for what purpose, my paper will take into consideration only documents whose assignment to a certain archive can be proved or at least regarded as highly probable on account of the archeological evidence. Besides archives from Egypt which can be established in this way – the archive of Jedanja (TAD B2.2-4+6-11), of Anani and his wife Jehoišma (TAD B3.2-13), and of Nakhthor (TAD A6.3-16) – and the texts from Wadi Daliye, I have also taken into account scrolls which contain copies of several documents and thus form a kind of archive by themselves. A critical analysis of these documents provide an astonishingly consistent picture: only those documents which had direct relevance to the owner of the archive were preserved. Thus, the archives of private individuals contain only those documents which were relevant to their own legal entitlements or property rights. The archive of the official Nakhthor contains only letters concerning his position and duties. Also the bulk of the texts from Wadi Daliye, which possibly belonged to an official archive, concerns the ownership of unfree persons and sometimes of real estates and were thus important for the community. The conclusion that such archives only contain documents of actual relevance entails that the documents of an archive generally concern only a timeframe of up to 60 years–and in most instances even a shorter one. But also the scrolls containing collections of copied documents became obsolete after a relatively short time and could be used afterwards for other purposes.
Publisher
EUT Edizioni Università di Trieste
Source
Ingo Kottsieper, "Aramäische Archive aus achämenidischer Zeit und ihre Funktion", in: Michele Faraguna (edited by), "Archives and archival documents in ancient societies: Legal documents in ancient societies IV, Trieste 30 September - 1 October 2011", Trieste, EUT Edizioni Università di Trieste, 2013, pp. 175-200.
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